Heiz- und Nebenkosten — Zahlenjonglieren mit abl

Heiz- und Nebenkosten — Zahlenjonglieren mit abl

Warum hat unsere Wohnung statt 89 Quadratmeter in der Warmwasser-Kalkulation von Roland Meyer nur 84.389 Quadratmeter? Warum sind es in der HK/NK-Abrechnung der abl nur noch 84.32 Quadratmeter? Wie kommt unser Anteil von 59.70 an den Kehrrichtgebühren zustande? Und für wen ist das Honorar am Ende der Abrechnung? Wir jonglieren mit den Zahlen und erklären die unverständliche Abrechnung.

Thermografie der Bodenheizung im Bad (Bild: Christian Vögtli)

Um unsere Heiz- und Nebenkosten-Abrechnung zu verstehen, habe ich mir die Mühe gemacht, die Abrechnung der abl und die dazu gehörende Promille-Berechnung der Roland Meyer AG in eine übersichtlichere Excel-Tabelle zu übertragen. Anhand der folgenden Muster-Abrechnung versuche ich zu erklären, wie die Abrechnung der abl zustande gekommen ist. Wer seine Abrechnung selber nachvollziehen will, kann die hinterlegte Excel-Tabelle herunterladen, die eigenen Daten eingeben und überprüfen, ob das Resultat mit der Abrechnung der abl übereinstimmt.

Beispiel-Abrechnung (erstellt anhand einer Wohnung an der Claridenstrasse). Wer die eigenen Daten in die dazu gehörende Excel-Datei eingeben und mit der HK/NK-Abrechnung der abl vergleichen möchte, kann aufs Bild klicken und die Excel-Datei runterladen.

Die Grundlagen

Die Grundlagen, auf denen alle Abrechnungen beruhen und deshalb überall gleich sein sollten, sind in meiner Beispiel-Abrechnung rosa unterlegt. Zahlen in Klammern verweisen auf Zeilen oder Spalten in der Beispiel-Abrechnung.

  • Abrechnungszeitraum: Die aktuelle Abrechnung wurde für die Zeit zwischen dem 1. Juni 2019 und dem 31. Dezember 2020 erstellt. Die Firma Roland Meyer (RM) rechnet mit 580 Tagen, die abl mit 19 Monaten. (1)
  • Umrechnungsfaktor: Auf der Rückseite der Promille-Abrechnung von RM wird der Warmwasser-Verbrauch in Kubikmetern mit dem Faktor 78.0 in den entsprechenden Energieverbrauch in kWh umgerechnet. (4)
  • Aufteilung der Wärmekosten: RM teilt die Wärmekosten aufgrund der angefallenen Kosten fürs Heizen und die Warmwasseraufbereitung in zwei Bereiche auf: 665.054‰ Heiz- und 334.946‰ Warmwasserkosten. Dass die beiden Bereiche in jeweils 30% Grundkosten und 70% verbrauchsabhängige Kosten aufgesplittet werden, entspricht dem gängigen Standard in der verbrauchsabhängigen Energie- und Wasserkostenabrechnung. (5)
  • Die Zusammenstellung der Kosten, die via Heizkosten/Nebenkosten-Abrechnung auf die Mieter:innen überwälzt werden, bilden die Basis jeder HK/NK-Abrechnung. Wer an der Korrektheit dieser Kostenzusammenstellung zweifelt, muss sich die Buchhaltung der abl zeigen lassen und jede Buchung, die in diese Abrechnung einfliesst, überprüfen. Meiner Ansicht nach sollten wir das der Geschäftsprüfungskommission und den Fachleuten von der Revisionsstelle überlassen. (13)

Neues Abrechnungsmodell zur verbrauchsabhängigen Energie- und Wasserkostenabrechnung

Alles Wissenswerte über die vom Bundesamt für Energie empfohlene Methode zur Energie- und Wasserkostenabrechnung in Neubauten (PDF mit 52 Seiten)

Roland Meyer AG

hat die Promille-Abrechnung erstellt.

abl – Kaufmännische Bewirtschaftung

ist zuständig für die HK/NK-Abrechnung.

Bauaustrocknung

In jedem Neubau wird zunächst einmal zünftig geheizt, damit der Bau austrocknet. Da einzelne Mieter:innen  festgestellt haben, dass ihnen der gesamte Heizenergie-Verbrauch verrechnet wurde, obwohl der Heizenergie-Zähler beim Wohnungsbezug nicht auf 0 stand, lag die Vermutung nahe, die abl habe die Heizenergie, die für die Bauaustrocknung benötigt wurde, auf die Mieter:innen überwälzt. Im Gespräch konnte die abl aber glaubwürdig darlegen, dass sie die Bauaustrocknung aus den Heizenergiekosten herausgerechnet hat. Die abl musste zwar einräumen, dass sie die korrekten Zählerdaten der einzelnen Haushalte und Betriebe von 2019 nicht zur Verfügung hatte. Sie hat aber dieses Problem auf andere Art und Weise gelöst: Aufgrund der Daten zum Heizenergie-Verbrauch im Jahr 2020 und den Heizgradzahlen für 2019 hat die abl berechnet, dass von den rund 165’500 Franken Heizkosten im Jahr 2019 nur rund 51’100 Franken aufs Heizen im Herbst entfallen. Der Rest von über 110’000 Franken für die Bauaustrocknung ist nicht in den Heizkosten enthalten und wird somit auch nicht auf die Mieter:innen überwälzt.

Heizgradtage

Summe der täglichen Differenzen zwischen mittlerer Aussentemperatur und angestrebter Innentemperatur von 20 °C. An einem Tag mit frostigen -4 °C werden also 24 °C hinzugezählt. Es zählen nur Tage mit Temperaturen unter 12 °C.

www.mietrecht.ch

kommt für Luzern im Herbst 2019 auf 1043 Heizgradtage, im ganzen 2020 auf 2889. Die 1043 Heizgradtage entsprechen 26.5% des Totals während der gesamten Abrechnungsperiode. Die Heizkosten von 51’100 Franken, die von der abl für 2019 verrechnet wurden, entsprechen 24% der gesamten Heizkosten, sind also durchaus plausibel.

Thermostat (Bild: feller.ch)

Individuelle Angaben

Die Angaben, wie Mietdauer, Heizenergieverbrauch, Warmwasserverbrauch und Mietfläche, die sich von  Abrechnung zu Abrechnung unterscheiden, sind in meiner Muster-Abrechnung grün unterlegt. Grün markiert sind auch die Kosten für Allgemeinstrom und Serviceverträge sowie das Total der Mietflächen, die sich von Haus zu Haus unterscheiden.

  • Mietdauer: Nicht alle wohnen gleich lang im Himmelrich 3. In der Regel berechnet RM die Nutzungsdauer (auf der Promille-Abrechnung oben links) an der Bundesstrasse mit 580 Tagen, die abl mit 19 Monaten, an der Claridenstrasse mit 550 Tagen bzw. 18 Monaten und an der Himmelrichstrasse mit 519 Tagen bzw. 17 Monaten. Im Fall eines späteren Einzugs oder eines Auszugs vor Ende 2020 ergeben sich Abweichungen von dieser Regel. (2)
  • Individueller Verbrauch: RM ermittelt den individuellen Verbrauch an Heizenergie und Warmwasser anhand der Messwerte, die auf der Rückseite der Promille-Kalkulation ausgewiesen werden. (3/4)
  • Lagefaktor: Mit dem Lagefaktor (je nach Lage des Mietobjekts im Gebäude) korrigiert RM den Mehrverbrauch an Heizenergie an exponierten Lagen. (4)
  • Mietfläche: Die Kosten werden grösstenteils auf die gemietete Fläche umgelegt. Sie ist im Kopfteil der Promille-Abrechnung von RM aufgeführt und sollte den Angaben der abl im Faktenblatt zur Ausschreibung der Wohnung entsprechen. (8)
  • Kosten pro Haus: Nicht individuell, aber von Haus zu Haus variabel sind die Kosten für Allgemeinstrom und Serviceverträge sowie das Total der Mietflächen pro Haus (vgl. unterste zwei Zeilen in der Kosten-Zusammenstellung der abl). Diese Werte sollten innerhalb vom gleichen Haus gleich hoch sein. (21)
  • Akontozahlungen: Abhängig von der Anzahl der geleisteten Monatsmieten und der Höhe des Akontobetrags.
Empfehlung

Wer in zukünftigen HK/NK-Abrechnungen die Messwerte für den Heizenergie- und Warmwasserverbrauch kontrollieren möchte, sollte sich am 31. Dezember kurz Zeit nehmen, um im Heizverteilkasten der Wohnung die beiden Zähler abzulesen und die Zählerstände zu notieren. (3/4)

Thermografie des Heizverteilers (Bild: Christian Vögtli)

Die Verteilung

Die Verteilung der Heiz- und Nebenkosten erfolgt schliesslich in zwei Schritten: Erstens errechnet die Roland Meyer AG auf der Basis von Energieverbrauch, Mietflächen und Mietdauer einen Promille-Anteil an den Wärmekosten. Zweitens legt die abl ihre Heiz- und Nebenkosten anhand verschiedener Schlüssel auf die einzelnen Mietparteien um.

  • Heizenergie-Verbrauch: Der Messwert auf der Rückseite der Promille-Kalkulation multipliziert mit dem Lagefaktor (zur Korrektur von exponierten Lagen) ergibt die verbrauchte Heizenergie in kWh. (3)
  • Warmwasser-Aufbereitung: Der Warmwasserverbrauch in Kubikmetern wird mit einem Faktor 78.0 in die Energie in kWh umgerechnet, die zur Aufbereitung des Warmwassers benötigt würde. (4)
  • Wärmegrundkosten: 30% der Kosten fürs Heizen und die Warmwasseraufbereitung werden als Grundkosten über die vermieteten Flächen verteilt. Bei allen, die später eingezogen sind, verringern sich die Kostenanteile über die Reduktion der vermieteten Fläche. In der Beispiel-Abrechnung wird für die Berechnung des Warmwasser-Kostenanteils der Wohnung an der Claridenstrasse eine fiktive Mietfläche von 84.397 qm eingesetzt (reale Mietfläche von 89 qm geteilt durch 580 Tage mal 550 Tage). Bei den Grundkosten fürs Heizen erübrigt sich meistens eine solche Korrektur, sind doch fast alle vor Beginn der Heizperiode eingezogen. (8/10)
  • Wärmeverbrauchskosten: 70% der Kosten fürs Heizen und die Warmwasseraufbereitung werden anhand des individuell gemessenen Verbrauchs auf die Mietparteien umgelegt. Der individuelle Heizkosten-Anteil in ‰ ergibt sich aus 465.538‰ Verbrauchskosten geteilt durch den gesamten Heizenegie-Verbrauch mal den individuellen Heizenergie-Verbrauch (siehe oben). Dieselbe Rcchnung fürs Warmwasser in der Beispielabrechnung: 234.462‰ / 634’033.61 kWh x 2246.322 kWh = 0.831‰. (9/11)
  • Gesamtanteil Wärmekosten: Die Summe der Heizkosten-Anteile und der Warmwasserkosten-Anteile aus der Promille-Kalkulation von RM (im Beispiel: 3.059‰) wird als Schlüssel in die erste Zeile der HK/NK-Abrechnung der abl übertragen. (12)

 

  • Verteilung der Kosten: Die Kosten, die in der ersten Spalte der HK/NK-Abrechnung aufgeführt sind, werden alle nach dem gleichen Muster auf die Mieter:innen im Himmelrich 3 verteilt: Total Kosten (13) / Total Schlüssel (14) x eigener Schlüssel (15) = Individuelle Kosten (16). In der Musterabrechnung: 213’035.89 Wärmekosten / 1’000.08‰ x 3.059‰ = 651.62. (12)
  • Total der Schlüssel: Ergibt sich aus der Addition sämtlicher individueller Schlüssel. Wegen Rundungsfehlern werden so aus 1’000‰, die RM auf die Mietparteien verteilt hat, wieder zusammengezählt 1’000.08‰. Warum ist die total vermietete Fläche beim Frisch- und Abwasser kleiner als beim Allgemeinstrom, der Hauswartung und den Serviceverträgen? Die grössere Fläche (23’160.06 qm) ist die Summer aller vermieteten Flächen, die kleinere Fläche (21’637.96 qm) umfasst nur Mietflächen mit Wasseranschluss, Lagerräume z.B. sind hier nicht eingerechnet. (14)
  • Individuelle Schlüssel: Abgesehen vom Schlüssel für die Wärmekosten (12), den RM errechnet hat, und dem Sonderfall der Kehrrichtgebühren (18) ist der Schlüssel für alle anderen Kosten die Mietfläche (8) geteilt durch Abrechnungsmonate (1) mal Mietdauer in Monaten (2). Im Fall der Wohnung an der Claridenstrasse: 89 qm / 19 Monate x 18 Monate = 84.315 qm oder 84.32 (auf der effektiven Abrechnung der abl). Die Unterschiede zwischen der Promille-Rechnung und der abl-Abrechnung erklärt sich durch die unterschiedliche Berechnung des Schlüssels (Mietfläche / 580 x 550 bzw. Mietfläche / 19 x 18). (15)
  • Kehrrichtgebühren: Sind ein Sonderfall, weil die abl die Grundgebühren, die von jedem Haushalt und jedem Betrieb — egal wie gross — verlangt werden, tel quel weiterverrechnet. Dabei handelt es sich um über 200 Anteile, die sich wie folgt berechnen: 1 Anteil / Abrechnungsmonate (1) x Mietdauer in Monaten (2) = individueller Schlüssel. Im Fall der Wohnung an der Claridenstrasse: 1 Anteil / 19  x 18 = 0.947. (18)
  • Honorar: Nach der Addition sämtlicher Posten in der letzten Spalte (16) ergibt sich — fett gedruckt — das Total der individuellen Kostenanteile. Davon berechnet die abl 3.00% als Honorar für die Erstellung dieser HK/NK-Abrechnung (das entspricht dem in der Immobilienverwaltungsbranche üblichen Ansatz). Im Beispiel: 3.00% von 1749.11 = 52.47. Bei einer Gesamtsumme von rund einer halben Million Heiz- und Nebenkosten, die im Himmelrich 3 abgerechnet wurden, läppert sich ein Honorar von rund 15’000 Franken zusammen, das übrigens nicht an die Roland Meyer AG geht, sondern bei der abl bleibt, aber wahrscheinlich nicht ausreicht, um all diese Abrechnungen zu erstellen… (22)

Fazit

Nach so viel Zahlenjongliererei mit abl raucht Euch hoffentlich nicht der Kopf. Ich hoffe, die Promille-Rechnung der Roland Meyer AG und die HK/NK-Abrechnung der abl etwas verständlicher gemacht zu haben. Unter dem Strich sind diese Abrechnungen — so weit ich sie nachvollziehen und beurteilen kann — korrekt. Zu bemängeln ist allerdings, dass sie mehr oder weniger unverständlich sind. Zu hoffen ist schliesslich, das die nächste Abrechnung nicht so lang auf sich warten lässt, wie die Abrechnung für 2019/2020. Und zu guter Letzt freue ich mich darüber, dass wir einen Teil der Akonto-Zahlungen zurückerhalten. Das gilt wohl für die allermeisten Mieter:innen im Himmelrich 3. Trotz steigenden Energiekosten rechne ich damit, dass die bisherigen Akonto-Zahlungen auch in Zukunft die Kosten decken werden. Mit anderen Worten: Solange von der abl keine massiv höhere Heiz- und Nebenkostenabrechnung kommt, glaube ich nicht, dass es im Himmelrich 3 Sinn macht, die Akonto-Zahlungen zu erhöhen (wie der beigelegte Brief an alle abl-Mieter:innen nahelegt).

Last but not least wünsche ich allen schöne Feiertage und ein gutes Neues Jahr!

23. Dezember 2022
Hansruedi Hitz