Ein ganzes Jahr
Ungefähr 365 Tage, Dutzende Dachspaziergänge und einen Lockdown später fragen wir uns: Sind wir hier angekommen? Gefällt es uns hier?
Ich will meine Antwort gleich vorwegzunehmen: Ja, mir gefällt es hier. Sehr sogar. Ich lästere zwar manchmal über den Baulärm– obwohl ich mir beim Einziehen geschworen habe, dass ich es nicht tun werde. Ich finde es nicht hundertprozentig ok, dass ich Härchen in meinem Gesicht im Liftspiegel besser sehe als im Badezimmerspiegel. Ich meine: Wer will denn im Lift die Pinzette zücken? Und, ja, ich gestehe, dass ich immer noch Berührungsängste vor unserem Hightech-Kochherd habe. Diese roten Lämpchen sind einfach nicht mein Ding. Aber dann hatte ich in den Ferien im Juni dieses merkwürdige Erlebnis im Engadin. Dort fanden wir in unserer Ferienwohnung in einem alten Haus die genau gleiche, angejahrte Küchenkombination wie in unserer früheren Wohnung. Diese vertrauten Herdknöpfe! Diese fleckentarnenden Oberflächen! Ich gestehe, fast wäre mir ein Tränchen übers Gesicht gerollt. Jeden Abend machte ich Hansruedi und mir eine Suppe. Es war kühl dort oben, aber sehr heimelig. Dazu trug auch der Engadiner Groove bei, die Holzwände zwischen den dicken Mauern, die kleinen Fenster.
Dann kamen wir wieder nach Hause. Hansruedi ging einkaufen und kam lange nicht zurück. Ich packte meine Sachen aus und liess den Blick durch die Wohnung schweifen. Dieses Gefühl von Platz und Licht, dieser Blick auf den inzwischen bewachsenen Innenhof, auf die Dachterrasse! Auch nicht schlecht, dachte ich. Später ging ich hinunter, Hansruedi suchen. Ich fand ihn beim Plaudern mit Ottilia vom Buchladen. Ich plauderte auch noch ein bisschen, auf dem Rückweg trafen wir im „Kaffeekranz“ ein paar Nachbarn an, nahmen einen Apero und plauderten weiter.
Viel später kamen wir leicht angeheitert zurück in unsere Wohnung. „Nun habe ich in einer halben Stunde mit mehr Leuten gesprochen als in den letzten drei Wochen zusammen“, sagte Hansruedi. Er brachte damit auf den Punkt, was das Beste hier ist: die Nachbarschaft. Es zeigte sich zum Glück schon vor dem Lockdown: Wir mögen einander und bringen etwas zustande – ein Intranet, ein Eröffnungsfest, die grünen Inseln im Innenhof haben wir mit Hochbeeten ergänzt. Sehr gerne erinnere ich mich an unser letztes, kleines Fest: die Einweihung des Gemeinschaftsraumes.
Dann kam der Lockdown. Aber auch während jener Zeit fühlte ich mich aufgehoben hier. Ich schaute von oben den Kindern beim Spielen zu, die noch hinausdurften. Für Gespräche im halligen Treppenhaus bin ich zwar zu schwerhörig. Aber unser Haus-Chat funktioniert tiptop. Und tat mir im Homeoffice der Rücken weh, machte ich mich auf einen Dachspaziergang und traf bestimmt jemanden an, mit dem ich aus gebührendem Abstand über die Weltlage plaudern konnte.
Ja, ich weiss, es ist nicht alles perfekt hier, auch wenn es Himmelrich heisst. In der Einstellhalle wird in Autos eingebrochen, einigen ist der Beizenlärm zu viel. Trotzdem: Hoffentlich werden wir noch viele schöne Dachpartys hier feiern. Zusammen. Als Nachbarn. Schon bald.
Sehr schön gesagt, liebe Daniela!
so schön geschrieben! 🙂
Das trifft’s – merci!
Danke Euch für die Kommentare! Es freut mich, dass viele andere das auch so positiv sehen wie ich 🙂
Genau – nicht perfekt aber ziemlich in die Richtung :-)))) Danke Daniela.
liebe daniela
ups, habe grad gemerkt, dass ich schon länger nicht mehr im intranet war, danke für deine worte, ja mir geht es auch so, ich bin mehr als
dankbar, dass ich es ins himmelrich3 geschafft habe, kann mir eine andere wohnform gar nicht mehr vorstellen, die mieter und mieterinnen bereichern meinen alltag, so auch der kaffeekranz und das majorelle,
herzliche grüsse margrith