Es rumort an der Bleicherstrasse

Es rumort an der Bleicherstrasse

Dass das Parkhaus an der Bleicherstrasse einer Wohnüberbauung weichen muss, wusste ich. Dennoch war ich überrascht und ein bisschen gwundrig, als ich letzte Woche hinter dem Zeilenbau einen Kran sah. Ein Grollen, das sich wie ein fernes Gewitter anhört, erinnert mich tagsüber daran, dass der Abbruch begonnen hat.

Noch bevor der «Zeilenbau» im Himmelrich 3 bezogen werden konnte, war klar: Das hässliche Parkhaus und der Caritas-Markt auf der anderen Seite der Geleise müssen einer U-förmigen Überbauung weichen. Früher als gedacht ist es soweit — der Abbruch hat begonnen. Das Vorher-Nachher-Bild zeigt das teilweise abgebrochene Gebäude und was stattdessen gebaut werden soll (Visualisierung: Halter Casagrande Partner AG).

Second Chance

Nachdem klar wurde, dass der «Caritas Markt» und das «Brocki» über kurz oder lang raus muss, hat die Caritas Zentralschweiz über ein Jahr lang nach einem geeigneten und zahlbaren Standort gesucht – fündig wurde sie schliesslich an der Gerliswilstrasse 42 in Emmenbrücke. Im ehemaligen Möbelhaus sind nicht nur die beiden Läden unterkommen, sondern auch die Sozial- und Schuldenberatung der Caritas (vormals an der Kellerstrasse) und die KulturLegi Zentralschweiz (vormals in Littau).

Auch der neue Standort sei «ausgezeichnet erschlossen», betonte Caritas-Geschäftsführer Daniel Furrer gegenüber zentralplus (Bericht vom 29.5.2024) und freute sich über die erfolgreiche Suche: «Für uns ist dieser neue Standort ein Glücksfall. Wir können mehrere sehr wichtige Caritas-Angebote an einem Ort vereinen und unser Engagement in den Bereichen Armut, soziale Teilhabe und Kreislaufwirtschaft unter einem Dach zusammenfassen.» «Caritas Wohnen» heisst nach der Züglete «Second Chance» — Caritas Zentralschweiz will damit auf ihr Engagement in der Kreislaufwirtschaft hinweisen: Gegenstände wie Möbel oder Kleider erhalten ein zweites Leben.

Früher als gedacht

Im April 2023 schrieb ich im Beitrag Es geht voran!, die neuen Bewohner:innen der «Zeile» sollten sich darauf gefasst machen, dass das hässliche Parkhaus und der Caritas-Markt über kurz oder lang einer U-förmigen Überbauung weichen müssen.

Im April 2024 lag bereits die Baubewilligung für den Ersatzbau vor. Dass es so überraschend schnell voranging, hat damit zu tun, dass es keine Einsprachen gegen das Bauprojekt gab, wie Bauherr Beat Schumacher hocherfreut gegenüber der «Luzerner Zeitung» feststellte. Damit stand auch der Baubeginn im Juli 2025 fest.

Zwei weitere Gründe haben vermutlich wesentlich zum raschen Fortschritt des Bauvorhabens beigetragen: Erstens besteht für das ganze Geviert seit 1987 ein gültiger Gestaltungsplan — die baulichen Rahmenbedingungen waren deshalb von Anfang an klar definiert. Zweitens gehören die angrenzenden Liegenschaften dem Bruder des Bauherrns, was den Kreis möglicher Einsprecher:innen verkleinert.

Der Rück- und Tiefbau, der jetzt begonnen hat, dauert voraussichtlich ein halbes Jahr. Der Bauherr rechnet anschliessend mit zwei Jahren für den Hochbau. Bezugsbereit sei das neue Gebäude somit Ende 2027 oder Anfang 2028, schrieb das Online-Magazin zentralplus am 12.4.2024.

 

Der Abbruch

Meine Bilder zeigen den Grund fürs Rumoren an der Bleicherstrasse: Der Abbruch einer solchen Betonstruktur geht nicht geräuschlos vor sich. Zum Vergrössern auf die Bilder klicken!

Berichte auf zentralplus

Caritas-Brocki in der Luzerner Neustadt wird abgerissen (5.4.2023)

Nun ist es definitiv: Caritas muss bis Sommer 2025 raus (12.4.2024)

Caritas Luzern hat einen neuen Standort gefunden (29.5.2024)

So gross wird die neue Migros an der Bleicherstrasse (26.1.2025)

 

Später als geplant

Nur die Ulme bleibt (21.7.2021)

Beim anderen Projekt von Halter Casagrande in unserer Nachbarschaft, dem Neubau anstelle der Tankstelle an der Bundesstrasse 5, tut sich anscheinend gar nichts.

Durch eine Baustellenbesichtigung wurde mir auch klar, warum ich von unserem Küchenfenster aus einen Kran gesehen habe: Am Kran, der inzwischen wieder weg ist, hing ein Schutzvorhang, der verhindert, dass etwas auf die SBB-Geleise fällt — was nämlich sehr teuer würde…

Das Projekt

Roman Hodel hat in der «Luzerner Zeitung» vom 5.4.2023 das Bauvorhaben an der Bleicherstrasse so umfassend beschrieben, dass ich hier nur wenige Updates und Ergänzungen anfügen muss, alles andere ist im unten eingefügten Artikel nachzulesen.

«Parkhaus weicht Wohnsiedlung» — Artikel der Luzerner Zeitung vom 5. April 2023 (zum Vergrössern aufs Bild klicken!).

Die Migros

Was Roman Hodel im April 2023 noch nicht wissen konnte:

  • Wie es weiter geht mit dem Caritas-Markt und dem Caritas-Brocki — das Happy End der langwierigen Suche nach einem Ersatzstandort ist oben im Abschnitt Second Chance zu lesen.
  • Welcher Supermarkt im Erdgeschoss einziehen wird — gemäss zentralplus vom 29.1.2025 wird sich die Migros hier einmieten und voraussichtlich Ende 2027 eine Filiale eröffnen. Aus dem Baugesuch geht hervor, dass die Migros Genossenschaft Luzern für den Ausbau des Ladenlokals rund 2.35 Millionen Franken investieren wird. Der neue Laden im gewohnten Migros-Design umfasst alles in allem rund 900 Quadratmeter und die Anlieferung erfolgt über die Ahornstrasse. Die neue Filiale bietet voraussichtlich Jobs für 18 Mitarbeiter:innen. Last but not least stellt sich die Frage, wie es mit der nur 400 Meter entfernten Migros-Filiale an der Waldstätterstrasse weitergeht. Doch die Medienstelle der Migros Genossenschaft versicherte, dass trotz der Nähe der bisherige Standort weiter betrieben wird.

Zu ergänzen wäre, wie der künftige Innenhof über der Migros-Filiale aussehen wird. Die Visualisierung stammt von den Luzerner Architekten Halter Casagrande Partner, die von fünf Büros, die einen Studienauftrag bekamen, die Jury am meisten überzeugen konnten und 2022 auf Platz 1 landeten.

Innenhof über dem Migros-Laden (Bild: Halter Casagrande Partner AG)

Was sich ändert

  • Statt einem Parkhaus mit Caritas-Markt und -Brocki entsteht ein Wohn- und Geschäftshaus mit 90 Wohnungen und einem Supermarkt der Migros.
  • Mit der Vollendung der Blockrandüberbauung steigt die Bebauungsdichte im Quartier ennet der Bahngeleise.
  • Während 223 Parkplätze für Dauermieter:innen verschwinden, entstehen 34 gedeckte Parkplätze und viele Veloabstellplätze. Mehr sei nicht erlaubt, bedauert Bauherr Schumacher, aber die Nachfrage nach Parkplätzen in der Umgebung habe stark abgenommen.
  • Schliesslich wird die Häuserschlucht entlang des Bahneinschnitts tiefer. Zu vermuten ist, dass dadurch die Lärmbelastung der Anwohner:innen zunimmt. Das wiederum erhöht den Druck auf Stadt und SBB, den Bahneinschnitt zu überdecken, wie letzthin erneut diskutiert wurde.

1. August 2025
Hansruedi Hitz