Neues vom Mooshimmel
In unserer Nachbarschaft hat die Zürcher Atlas Stiftung die Grundstücke rund um die Villa Himmelrich gekauft (Luzerner Zeitung vom 20.10.2023). Auf diesem Gelände entlang von Bundes-, Himmelrich- und Moosstrasse will die Stiftung bis 2030 unter anderem eine Seniorenresidenz bauen. Die Bestandesbauten werden wohl weichen müssen, heisst es im Artikel lakonisch.

Seniorenresidenz
Die Zürcher Atlas Stiftung plant eine Neugestaltung des gesamten Areals und will anstelle der bestehenden Gewerbebauten und des Parkplatzes eine Seniorenresidenz mit 80 Wohnungen und 25 Pflegezimmern bauen. Wie die Atlas Stiftung schreibt, soll dieses Wohnangebot für die urbane Bevölkerung ab dem dritten Lebensabschnitt durch eine öffentliche, zeitgemässe Gastronomie sowie Gewerbe- und Dienstleistungsflächen und weitere Mietwohnungen ergänzt werden.
Urbanes Wohnen ab dem 3. Lebensabschnitt

Villa Himmelrich
Im Rahmen des 150jährigen Jubiläums organisierte der Quartierverein Obergrund eine überaus interessante Besichtigung: Franz Freuler, Sohn von der langjährigen Besitzerin der Villa Himmelrich, führte durch die Gartenanlage und das Entrée der Villa, erzählte die Geschichte seiner Familie und des Landsitzes. Auf Nachfrage sagte er, der Verkauf des Areals rund um die Villa Himmelrich an die Atlas Stiftung sei im Rahmen der Erbschaftsregelung erfolgt. Voraussichtlich werde die Seniorenresidenz auf dem Parkplatzareal an der Moosstrasse entstehen, ein entsprechender Gestaltungsplan müsse aber in Zusammenarbeit mit der Stadt Luzern und dem kantonalen Denkmalschutz erst noch erarbeitet werden.
Führung durch den Garten und das Entrée der Villa Himmelrich am 24.8.2024

Offene Türen im Mooshimmel
Verständlicherweise nicht besonders erfreut sind die Nutzer:innen der bestehenden grösstenteils zweistöckigen Gewerbebauten entlang von Bundes-, Himmelrich- und Moosstrasse. Sie haben sich zum Verein «Mooshimmel» zusammengeschlossen, der sich dafür einsetzt, dass die bestehenden Räume möglichst lange genutzt werden. Der Tag der offenen Tür am Samstag, 21. September, 14 – 22 Uhr, soll Interessierten einen Einblick in die Räume und das Schaffen im «Mooshimmel» geben.
Die jetzigen Nutzer:innen der Bestandesbauten haben sich im Verein Mooshimmel organisiert.

Geschichtliches Update
Vor vier Jahren — wie die Zeit vergeht! — hat sich unser Blog schon einmal mit der Villa Himmelrich und ihrer Geschichte befasst. Was hat sich seither geändert?
- «Wieso baut hier keiner?» fragte zentralplus am 16.4.2016 in einem Artikel über die Villa Himmelrich mit Parkanlage sowie den grossen Parkplatz an der Moosstrasse. Die Antwort: Die hochbetagte Besitzerin habe keine Pläne mehr für das Grundstück. Nur wenige Monate nach Publikation des Artikels ist Marie-Mathilde Freuler-Bühler (1911-2016) verstorben. «Ich rechne damit, dass ihre Erben das Land dereinst verkaufen wollen», sagte der ehemalige Luzerner Denkmalpfleger André Meyer zu zentralplus. Und genau so ist’s gekommen: Die Erben haben ihr Land an die Zürcher Atlas Stiftung verkauft, die hier unter anderem eine Seniorenresidenz bauen will.
- «Man muss sich an das mögliche Mass der Bebauung herantasten», antwortete Stadtarchitekt Jürg Rehsteiner diplomatisch zur Frage von zentralplus, ob dereinst auch der Park überbaut werde. Ex-Denkmalpfleger André Meyer fand das keine gute Idee: «Der Park ist ein integraler Bestandteil des denkmalgeschützten Hauses und soll nicht überbaut werden!» Jetzt ist klar: Die Erben der Villa Himmelrich samt Park, drei Söhne von Marie-Mathilde Freuler-Bühler, wollen das historische Ensemble tel quel erhalten. Die Atlas Stiftung hingegen muss in den nächsten Jahren einen Gestaltungsplan erarbeiten und sich tatsächlich zusammen mit der Stadt, dem Denkmalschutz und den Erben ans mögliche Mass der Bebauung herantasten.
- Geklärt sind auch die Besitzverhältnisse: Gemäss Grundbuch gehört die Villa Himmelrich samt Parkanlage und Nebengebäuden an der Obergrundstrasse den Gebrüdern Franz Karl, Niklaus Kaspar und Jost Andreas Freuler. Während das Parkplatzgrundstück an der Moosstrasse und das zweigeschossige Gebäude an der Einmündung der Himmelrichstrasse in die Bundesstrasse schon auf die Atlas Stiftung übertragen wurde, gehört das Grundstück Nr. 2546 (zwischen Bebié-Gebäude und Himmelrich-Park), auf das Frau Freuler-Bühler gemäss zentralplus ein Vorkaufsrecht hatte, noch einem anderen Besitzer. Die Eigentumsübertragung auf die Atlas Stiftung wird wohl demnächst erfolgen.
- Geändert hat sich auch die Nutzung: Das Piano Nobile im 1. Obergeschoss, wo in vornehmen Häusern des Rokoko die Repräsentations- und Festräume waren, wurde 2020 als «Prachtvolle 6.5 Zimmer-Wohnung für Historik-Liebhaber» mit 230 qm Fläche für satte 7‘900 Franken (inkl. Nebenkosten) zur Miete angeboten. Das entsprechende Wohnungsinserat wurde vom Netz genommen, aber das nachfolgende Promovideo ist immer noch online und erlaubt einen virtuellen Rundgang durchs Piano Nobile, das inzwischen als repräsentative Geschäftsräumlichkeiten vermietet wird.
Das Himmelrich stand einst auf der grünen Wiese (PDF)
Der vierseitiger Artikel von René Regenass im abl-Magazin 02/09 (S. 10ff.) ist eine gründliche Recherche und eine kompakte Zusammenfassung der Himmelrich-Geschichte.
Artikel vom 18.4.2016 auf zentralplus
Das «Himmelrich» und der Obergrund (Innerschweizer Schatztruhe, Heft 20)
Viel umfassender beschäftigte sich der vormalige Denkmalpfleger André Meyer mit dem ehemaligen Familiensitz der der Familie Schumacher. Das 75-seitige und reich illustrierte Heft erschien 2017 in der Schriftenreihe «Innerschweizer Schatztruhen», herausgegeben von Jost Schumacher, der über seine Grossmutter mit der Familie Bühler verwandt ist.

Sitz für 61 Firmen
Gewohnt wird nur noch in den Nebengebäuden der Villa Himmelrich. Der ehemalige Landsitz fürs Patriziat ist heute Firmensitz für nicht weniger als 61 Unternehmen, wie eine Recherche auf dem Luzerner Handelsregister ergibt. Die allermeisten Firmen, die hier ihren Sitz haben, sind Kunden der Treuhandgesellschaft MOORE STEPHENS LUZERN AG, die massgeschneiderte Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Unternehmensberatung sowie Finanzadministration anbietet. Wer weiss, was sich hinter all diesen AGs, GmbHs, Holdings und Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen verbirgt…
Interessant ist die Bank CIC (Schweiz) AG, die 2021 in Luzern ihren zehnten Standort in der Schweiz eröffnet hat — gemäss Franz Freuler war sie im Piano Nobile der Villa Himmelrich eingemietet. Die Zweigniederlassung der Bank mit Basler Hauptsitz ist zwar noch im Handelsregister eingetragen, hat aber ihren Luzerner Standort schon wieder aufgegeben. Die CIC (Schweiz), die via Himmelrich in der Zentralschweiz Fuss fassen wollte, ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Gruppe Crédit Mutuel, einer französische Finanzgruppe, die zu den bestkapitalisierten Banken in Europa gehört.

Fazit
Die Erben der Villa Himmelrich sind gewillt, den historischen Landsitz samt Parkanlage tel quel zu erhalten — nur ist der Firmensitz von derzeit 61 Unternehmen wenig belebt und für die Öffentlichkeit kaum zugänglich. Die U-förmig um den Himmelrich-Park angeordneten, zweigeschossigen Gewerbebauten aus den 1930er Jahren sowie der Parkplatz an der Moosstrasse wirken durch die Zwischennutzung wesentlich belebter. Die Atlas Stiftung, die hier u.a. eine Seniorenresidenz bauen will, muss zusammen mit der Stadt Luzern, der Denkmalpflege und den Himmelrich-Erben einen Gestaltungsplan erarbeiten — ein aufwändiger Prozess, der wohl mehr Zeit braucht, als gedacht. Ich jedenfalls bin mir ziemlich sicher, dass die Zwischennutzung im Mooshimmel über 2030 hinaus dauern wird.
Lieber Hansruedi
Vielen Dank für deine wertvollen Informationen. Wir hoffen mit dir, dass die Zwischennutzung über 2030 hinausgeht.
Herzlich! Margrit und Sepp
Danke fürs Echo. Am Samstag ist Tag der offenen Tür im Mooshimmel. Ich werde die Gelegenheit nutzen, die gefährdeten Räumlichkeiten mal von innen anzusehen. Und dann drücke ich die Daumen für eine möglichst lange Zwischennutzung.
Liebe Grüsse, Hansruedi
Gestern hat der UntergRundgang Luzern auf zentralplus ein geschichtliches Update zur Villa Himmelrich publiziert. Lesenswert!