Erste Ernte

Erste Ernte

Zu Beginn sah es schlecht aus für unseren kleinen Garten im Innenhof. Aber im Juni bepflanzte die Urban Gardening-Gruppe dann doch elf Beete an drei Standorten. Sie sind üppig grün — und eine Attraktion für Innenhof-Besucher*innen.

Im August waren die Aronia-Beeren aus der Denner-Ecke reif. Auch Kräuter gab’s reichlich – zum Beispiel Estragon. (Bild: Andrea Ulrich)

Irgendwann im letzten Herbst wurde es still um unsere Urban Gardening-Gruppe. Nun ja, es wurde Winter, was hätten wir tun sollen? Und im Frühling sah es auch nicht gut aus. Der Lockdown kam, und ein paar Wochen lang hätte ich keine Aroniabeere um die Zukunft unseres Projektes gewettet. Die Gärtnereien waren geschlossen, man traute sich kaum, Nachbar*innen zu treffen, der Traum von Hochbeeten in weite Ferne gerückt.

Aber dann, im Mai, kam plötzlich Zug in die Sache. Hansruedi und einige weitere Gärtner*innen in spe trafen Katrin Burri von der ABL und Daniela von Büren von der Stadtgärtnerei – und da zeigte sich: Die Stadtgärtnerei ist für Urban Gardeners eine wirkliche Hilfe, auch finanziell. Sie verkaufte uns die Beete günstig und Daniela geizte nicht mit willkommenen Ratschlägen.

An einem Freitag Anfang Juni war grosser Aktionstag, Lastwagen brachten Kisten und Erde man setzte die Beete zusammen und bepflanzte sie nach einem ausgeklügelten Plan (Bericht hier: Gelungener Gartentag). In der Majorelle-Ecke und vor dem Contenti kamen sonnenhungrige Pflanzen zu stehen: Tomaten, der blau blühende Boretsch, Sonnenblumen, Peperoni, Zitronenmelisse. In der Denner-Ecke stehen jene Pflanzen, die auch im Schatten zurechtkommen: Pfefferminze und Aroniabeeren.

Sofort wurden unsere Hochbeete ein Besucher*innenmagnet. Ältere Ehepaare studierten die Bepflanzung mit Kennerblick. Kinder staunten die werdenden Erdbeeren an. Hansruedi blickte einmal vom fünften Stock hinunter in den Hof, sah Leute vor den Kisten und sagte: „Das ist ja wie im Zoo.“ Das abendliche Giess-Ritual ist oft auch Plauderstunde. Es soll schon vorgekommen sein, dass an einem Regentag zwei Giessende statt den Pflänzchen sich selber im Kaffeekranz etwas hinter die Binde gossen.

Ich selber bleibe gerne vor dem Boretsch stehen, dessen haarige, blaue Blütensterne ich himmlisch finde – auch wenn das essbare Kraut mich geschmacklich nicht so recht überzeugt. Ich muss gestehen: Theoretisch gehöre ich zur Urban Gardening-Gruppe und habe in den ersten Tagen sogar einen Giesskurs bei Edith genommen. Aber sonst bestätigte sich, was ich im Grunde schon lange weiss: Ich bin lieber Chronistin als Gärtnerin. Die Namen, die im Giessplan auf dem Intranet immer wieder auftauchen sind: Edith, Maria, Niklaus und Regula, Cedric & Katharina, Roli, Andrea und Hansruedi. Andrea hat die Täfelchen gemacht, mit denen unsere Pflänzchen beschriftet sind, Regula die Whatsapp-Gruppe eingerichtet, dank der wir alle sofort alarmiert sind, wenn ein Problem auftaucht. Hansruedi und Roli stellten den Giessplan aufs Intranet. Und Edith, ja, Edith wusste Rat, als wir Ende Juni unsere Plantage etwas kümmerlich und an den Kohlgewächsen weisse Fliegen fanden. „Brennesseljauche“ war das Zauberwort – das übelriechende Gebräu bekämpft Schädlinge und düngt. Edith hat sie angesetzt und uns erklärt, wie man sie verwendet.

Genützt hat die Jauche auch. Bald ernteten wir Majoran und Radiesli – letztere winzig, aber so ein Kügelchen enthält gleich viel Schärfe wie die Kugel vom Grossverteiler. Auch Nostrano-Gurken gab’s und– bei uns – ein aromatisches Tomätli, Sorte Gelbe von Thun. Und Estragon. Und Zitronenmelisse. Und Bohnenkraut, viel Bohnenkraut. Und eine reiche Ernte Aroniabeeren.

Mitgärtner*innen sind in der Urban Gardening-Gruppe jederzeit willkommen. Anmeldungen gerne bei der Intranet-Gruppe Aussenräume & Urban Gardening. Auch wer in den Beeten etwas pflanzen möchte, soll bitte vorher mit uns Kontakt aufnehmen. Wer Kräuter braucht, darf gerne zugreifen. Aber bitte mit Mass, der Garten ist klein, die Siedlung gross. Das Gemüse ist den Urban Gardeners vorbehalten.

20. September 2020
Daniela Bühler